Verfahren | Informationen zum Collaborative Law   CLP

Das CLP Verfahren

Collaborative Law and Practice (CLP) hat als eigenständiges konsensuales Verfahren das Ziel, eine interessengerechte und selbstverantwortliche Einigung unter den Konfliktparteien herbeizuführen. Jede Konfliktpartei wird dabei von einer von ihr beauftragten CLP-Anwältin/einem CLP-Anwalt parteilich vertreten. Die CLP-Anwälte nehmen die Aufgabe wahr, auf der Grundlage der Unterschiedlichkeit der Sichtweisen und Interessen ihre Mandant_innen darin zu unterstützen, eine Lösung zu erarbeiten. Die CLP-Anwälte_innen treten parteilich für ihre Mandanten_innen ein und haben gleichzeitig den Blick auf das gesamte Konfliktgeschehen. Sie schauen vom Standort ihres_r Mandanten_in auf das gesamte System.

Neben der Tätigkeit auf der Inhaltsebene (rechtliche Beratung) entwickeln die CLP-Anwältinnen/CLP-Anwälte eine Verfahrensstruktur, in der die jeweiligen Interessen aller Konfliktparteien zum Tragen kommen und in ein faires Verfahren münden. Die CLP-Anwältinnen/CLP-Anwälte unterstützen ihre Mandanten_innen darin, über mögliche Lösungen des Konflikts nachzudenken und das Spektrum dieser zu erweitern.

Die Konfliktparteien können bei Bedarf von zusätzlichen Expert_innen unterstützt werden. Diese kommen aus unterschiedlichen Berufsfeldern wie zum Beispiel Coaching, Steuer- oder Finanzberatung. Bei Konflikten, von denen Kinder betroffen sind, kann eine Fachkraft für das Kind hinzugezogen werden.

Die CLP-Anwälte und – Anwältinnen erhalten von den Konfliktparteien die vertragliche Legitimation, untereinander Kontakt aufzunehmen, auch ohne deren Beisein. Mit dem Ziel, das CLP-Verfahren im Ablauf so zu gestalten, dass eine Einigung bestmöglich erreicht wird. Es entsteht eine fachliche Synergiebündelung.            

Die hervortretende Besonderheit des CLP-Verfahrens ergibt sich aus der Qualifikationsklausel. Die CLP-Anwält_innen beenden ihren Auftrag, wenn eine Einigung im CLP-Verfahren nicht gelingt. Dies bedeutet für die CLP-CLP-Anwält_innen ausdrücklich, dass sie ihre Mandantinnen/ihre Mandanten nicht außergerichtlich in gleicher Angelegenheit streitig weitervertreten oder im gerichtlichen Verfahren die Vertretung übernehmen.

Diese Klausel qualifiziert die CLP-Anwältinnen/CLP-Anwälte für den Konsens. Das gemeinsame Bekenntnis aller Beteiligter zum Konsens setzt Energie frei, auch schwierige Phasen in der Verhandlung aus- und durchzuhalten. Alle Kraft fließt in den Konsens.

Die CLP-Anwält_innen erhalten von ihren Mandant_innen einen Mandatsauftrag, in dem hier im Besonderen die Entbindung von der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht und die Qualifikationsklausel vereinbart werden. Weiter wird vereinbart, dass keine Zeugenbenennung der CLP-Anwälte_innen im Falle eines gerichtlichen Verfahrens erfolgt. Die Vergütung wird gesondert vereinbart, entweder auf der Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes oder im Rahmen eines Stundenhonorars.

Die Konfliktparteien vereinbaren miteinander, dass sie eine einvernehmliche Regelung herbeiführen wollen, sie alle entscheidungserheblichen Tatsachen offenlegen und dass sie sich für den Fall, dass keine Einigung herbeigeführt wird, zur Verschwiegenheit verpflichten.

Einordnung in die Verfahrenslandschaft

Das CLP-Verfahren ist ein eigenständiges außergerichtliches Konfliktlösungsverfahren, das dogmatisch bisher nicht abschließend in das anwaltliche Berufsfeld eingeordnet ist.

Der CLP-Anwalt/die CLP-Anwältin ist in einer Doppelrolle tätig: in Form der rechtlichen einseitigen Beratung und in Form der Verfahrensleitung im Zusammenspiel mit allen anderen Beteiligten. Hier insbesondere durch das verständnisgeleitete Anhören und Berücksichtigen des Anliegens der anderen Partei.

Die einseitige rechtliche Beratung behält dabei den Charakter der klassischen anwaltlichen Tätigkeit. Die Verfahrensleitung im Zusammenspiel mit allen anderen Beteiligten ist eine Veränderung und Erweiterung im anwaltlichen Berufsbild.

Die Schärfung des Rollenverständnisses erfolgt durch die Zweiparteilichkeit ˂ 90˚:

CLP-Anwält_innen agieren hiernach aus einem Rollenverständnis heraus, das geprägt ist von der parteilichen Verbundenheit mit ihrem Mandanten bei gleichzeitigem einfühlenden und einbeziehenden Verständnis für die andere Konfliktpartei.

Dieses empathische Einfühlen und Eindenken bleibt jedoch jederzeit ˂ 90˚. Hierin wird die Abgrenzung zur klassischen parteilichen Beratung und auch zur Mediation deutlich.

Im CLP-Verfahren braucht es eine neue Sensibilität und Übung, um die Zweiparteilichkeit ˂ 90˚ professionell umzusetzen.

Geeignetheit des CLP-Verfahrens

Das CLP-Verfahren eignet sich unter anderem in folgenden Fällen:

  • Die Konfliktparteien haben den Wunsch nach parteilicher anwaltlicher Beratung und gleichzeitig den Wunsch einer einvernehmlichen Regelung.
  • Die Konfliktparteien können temporär nicht eigenverantwortlich für sich einstehen und streben dennoch gemeinsam erarbeitete Regelungen an.
  • Die Komplexität des Falles erfordert konkrete Beratung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht durch einen CLP-Anwalt/eine CLP-Anwältin, eine Fachkraft Kind oder einen Coach.
  • Die Konfliktparteien befinden sich in einer hohen Eskalation (Stufe 6 – 8 n. Glasl).
  • Dem Anliegen der Kinder der Konfliktparteien soll Raum gegeben werden.

“CLP turns you versus me into us versus the problem”

Ein besonderes Instrument im CLP-Verfahren ist die Installation des Kinderinterviews. Wenn Eltern wiederkehrend über die Anliegen und Bedürfnisse der Kinder streiten besteht die Möglichkeit, den Kindern/Jugendlichen direkt eine Stimme zu geben. Wenn beide Eltern zustimmen, führt die „Fachkraft für das Kind“ ein gesondertes Gespräch mit dem Kinde/den Kindern, bringt die Ergebnisse des Gesprächs in das CLP-Verfahren ein und stellt diese den Eltern zur Verfügung.

Das Gespräch mit dem Kinde/den Kinder dient einer Momentaufnahme. Die aktuelle Befindlichkeit der involvierten Kinder wird verstanden. Fragen, die sich Kinder im Hier und Jetzt stellen werden erhoben und den Eltern übermittelt. Gedanken und Sorgen, die Kinder sich machen werden kommuniziert. Kinder und Jugendliche können einer neutralen Person in einem vertraulichen Rahmen ihr Herz ausschütten und sich in ihrer aktuellen Emotionalität entlasten.

Eltern erhalten dadurch Orientierung. Sie werden in ihrer Elternkompetenz angesprochen, gefordert und gefördert. Statt aus der jeweils subjektiven Elternperspektive über die Belange der Kinder zu streiten, kann mit den direkten Botschaften und Fragen der Kinder konkret gearbeitet werden.

Mit dem Kinderinterview wird Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonventionen Rechnung getragen

https://www.unicef.de/informieren/ueber-uns/fuer-kinderrechte/un-kinderrechtskonvention

 

Information: Cooperative Praxis oder Collaborative Law and Practice? Unterschiede mit demselben Ziel.

In der Bundesrepublik Deutschlang gibt es zwei Strömungen des Verfahrens, die dasselbe konsensuale Ziel anstreben. Daher sind in Artikeln häufig die Begriffe Cooperative Praxis und an anderer Stelle Collaborative Law and Practice zu finden. Während die Cooperative Praxis von einem mediationsanalogen Verfahren spricht, sprechen wir von einem eigenständigen konsensualen Verfahren. Ausschlaggebender Unterschied ist die Rolle der CLP-Anwälte, deren Haltung sich durch die  Zweiparteilichkeit ˂ 90˚ definiert und sich hier eindeutig von der allparteilichen 90˚-Haltung in der Mediation abgrenzt.

Unser Netzwerk orientiert sich an dem internationalen Verfahren des Collaborative Law.

Werfen Sie einen Blick ins Belgische Recht, in dem Collaborative Law bereits verankert ist. [1 Droit collaboratif]1

https://www.ejustice.just.fgov.be/eli/loi/1967/10/10/1967101064/justel

Podcast der Deutschen Anwaltsauskunft